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Zu diesem Buch

SIR-Modelle sind mathematische Modelle, mit denen sich Beginn, Ausbreitung und Erlöschen epidemischer Infektionskrankheiten quantitativ beschreiben lassen. Sie bestehen aus verketteten Differential- oder Differenzengleichungen. In der Frühphase der Covid-19-Pandemie sind SIR-Modelle benutzt worden, um den Infektionsverlauf zu modellieren und den voraussichtlichen Erfolg möglicher Bekämpfungsmaßnahmen abzuschätzen. Die Gleichungen der SIR-Modelle können numerisch gelöst werden und liefern dann je nach der betrachteten Variablen und den Grundvoraussetzungen Glockenkurven oder Sättigungskurven, die hyperbolisch oder sigmoid verlaufen können. Eine einzelne Infektionswelle lässt sich schon mit dem SIR-Basismodell gut simulieren. Covid-19 ist aber eine Sukzession von Infektionsausbrüchen, wobei mehrere teils überlappende Infektionswellen aufeinander folgen, die von verschiedenen Virustypen verursacht werden, welche durch Mutationen aus ihren Vorläufern hervorgegangen sind. Von konventionellen SIR-Modellen kann dieses Verhalten nicht abgebildet werden. Hier wird beschrieben, wie das SIR-Basismodell so erweitert werden kann, dass es den Gesamtverlauf der Coronapandemie in Deutschland widerspiegelt.

Im Ergebnis zeigt sich, dass das Modell den Verlauf der Infektionen und der Todesfälle abbilden kann, wobei beim Infektionsverlauf keine und bei der Entwicklung der Todesfälle nur eine geringe systematische Abweichung von den Daten erkennbar wird. Sein Aussagewert geht über die bloße Nachzeichnung des Epidemieverlaufs hinaus. Es bestätigt die Plausibilität der über den Verbreitungsmechanismus der Krankheit getroffenen Grundannahmen. Es liefert epidemiologische Kennzahlen wie Morbidität und Mortalität, mit denen die verschiedenen Virusvarianten, welche die Krankheit verursachen, untereinander verglichen und mit denen die Pandemie als Ganzes im Vergleich zu anderen Todesursachen charakterisiert und eingeordnet werden kann. Es vermag den zeitlichen Ursprung von Covid-19 einzugrenzen und liefert rückblickend eine evidenzbasierte Erfolgsbewertung der Pandemiebekämpfung, indem es zeigt, wie Schutzmaßnahmen die Morbiditäts- und Mortalitätskinetik der Pandemie verändern müssen, falls sie wirksam sind.

Ekkehard Kuhn

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